Entwurf einer BRN-Satzung

Seit einiger Zeit läuft eine Diskussion, ob und wie man die BRN entkommerzialisier-en und verbindlich Freiraum für Kultur und Austausch schaffen könnte. Vor einiger Zeit hatte ich bereits entsprechende Vorschläge unterbreitet, die von der Stadtverwaltung und Ortsamtsleiter aber nicht aufgegriffen wurden. Ich lege hier nun einen konkreten Satzungsvorschlag vor, um die Debatte voranzutreiben. Sollten sich ausreichend Unterstützer*innen finden, reiche ich die Satzung gerne im Stadtrat zur Beschlussfassung ein. Ich freue mich über Kritik.

ENTWURF

Satzung

der Landeshauptstadt Dresden

zur Regelung des Gebrauchs

der öffentlichen Straßen, der Erlaubnisse und Gebühren

im Rahmen des Stadtteilfestes “Bunte Republik Neustadt”

(BRN-Satzung)

§ 1 Zweck der Satzung

Diese Satzung dient der Gewährleistung des Stadtteilfestes “Bunte Republik Neustadt” (BRN) als kulturgeprägtes, kommunikatives und nicht kommerzielles Stadtteilfest der Anwohnerinnen und Anwohner, der Gewerbetreibenden im Festgebiet sowie ihrer Gäste. Sie geht der Straßensondernutzungssatzung vor.

§ 2 Zeitlicher und örtlicher Geltungsbereich

(1) Die “Bunte Republik Neustadt” findet jährlich am dritten Wochenende im Juni am Freitag zwischen 17.00 und 24.00, am Samstag zwischen 10.00 und 2.00 und am Sonntag zwischen 10.00 und 22.00 statt.

(2) Das Fest findet in den Straßen Alaunstraße bis zur Einmündung Bischofsweg, Sebnitzer Straße, Kamenzer Straße, Schönfelder Straße, Talstraße. Louisenstraße, Pulsnitzer Straße, Martin-Luther-Platz und Martin-Luther-Straße statt.

(3) Im Alaunpark ist zusätzlich eine Livemusik-Bühne für elektronisch verstärkte Musik freitags zwischen 18 und 23 Uhr sowie Samstags zwischen 16 und 24 Uhr zulässig.

(4) Der Oberbürgermeister kann im Einzelfall im Einvernehmen mit dem Stadtbezirksbeirat Neustadt und nach Anhörung des Kuratoriums Veranstaltungen und Darbietungen im räumlichen Zusammenhang des Festgebiets nach Absatz 2 zulassen.

§ 3 Rahmenbedingungen für die Vergabe von Sondernutzungs- und Markrechten

(1) Bestehende Sondernutzungs- oder Marktrechte im Festgebiet sind für das BRN-Wochenende ab Freitag 3.00 Uhr bis Montag 6.00 Uhr aufgehoben.

(2) Gemeingebrauchs-, Sondernutzungs- oder Marktrechte sind im Rahmen eines Sicherheitskonzepts zu vergeben. Soweit es den öffentlichen Straßenraum betrifft, hat der Oberbürgermeister das Sicherheitskonzept bis zum 15. November des jeweiligen Vorjahres verbindlich festzulegen und im Amtsblatt öffentlich bekannt zu machen.

(3) Der Oberbürgermeister fördert durch die Gestaltung des Anmeldeverfahrens und weitere Unterstützungsleistungen die Vergabe einzelner Straßenabschnitte an Verantwortliche, die die Festangebote der Anwohnerinnen und Anwohner sowie ansässiger Gewerbetreibenden auf freiwilliger Basis koordinieren (“Inselverantwortliche”). Wird die Nutzung eines Abschnitts an einen Inselverantwortlichen vergeben, kann der Oberbürgermeister im Einvernehmen mit diesem Bedingungen für die Nutzung Dritter festlegen.

§ 4 Zonen im Festgelände

(1) Der Oberbürgermeister kann im Einvernehmen mit dem Stadtbezirksbeirat Neustadt Zonen in bestimmten Straßenzügen mit bestimmten verbindlichen Nutzungsarten und -bedingungen festsetzen. Das BRN-Kuratorium ist zuvor zu hören.

(2) Als Zonen können festgelegt werden:

a) Kategorie 1: Kostenfreie kulturelle Darbietungen oder Kommunikationsangebote ohne laute elektronische Verstärkungen,

b) Kategorie 2: Kostenfreie kulturelle Darbietungen mit elektronischer Verstärkung,

c) Kategorie 3: Dauerhaft ortsfeste Bühnen für kostenfreie elektronisch verstärkte Darbietungen,

d) Kategorie 4: Bauliche Anlagen zu kommerziellen Zwecken an der Stätte der Leistung,

e) Kategorie 5: Bauliche Anlagen zu kommerziellen Zwecken nicht an der Stätte der Leistung.

(3) Für die jeweilige Zone und den jeweiligen können Anforderungen an den Standort, die Nutzungszeit- und dauer sowie die Lautstärke elektronisch verstärkter Darbietungen festgesetzt werden. Dabei sind Ruhezonen und Ruhezeiten zu gewährleisten, soweit dies erforderlich erscheint.

(4) Die Zonen mit ihren Anforderungen sind im Amtsblatt bis zum 31. Januar zu veröffentlichen.

§ 5 Gemeingebrauch, Erlaubnisvorbehalt und Gebührenerhebung

(1) Für Darbietungen der Kategorien 1 und 2 notwendige und untergeordnete Anlagen einschließlich sanitärer Anlagen gelten während der Festzeit als erlaubnis- und gebührenfreier Gemeingebrauch. Ortsfeste Bühnen oder bauliche Anlagen der Kategorie 3 bis 5 sind erlaubnis- und gebührenpflichtige Sondernutzungen.

(2) Die Höhe der Sondernutzungsgebühren soll neben dem Umfang der Inanspruchnahme des öffentlichen Raums insbesondere das wirtschaftliche Interesse des Sondernutzungsberechtigten berücksichtigen.

(3) Dient ein Ausschank- oder Speisenangebot nachweislich der Finanzierung kultureller Angebote innerhalb einer festgelegten Zone nach § 4 Abs.1, ist dies bei der Gebührenbemessung mindernd zu berücksichtigen. Der Nachweis ist in einfacher Form zu führen. Das Nähere regelt Anlage 1 der Satzung.

§ 6 Verwendung wieder verwendbarer oder kompostierbarer Geschirre und Bestecke

Der Oberbürgermeister verpflichtet die Antragsteller für Sondernutzungen oder ein Marktrecht zur Verwendung wieder verwendbarer oder kompostierbarer Geschirre und Bestecke für Getränke oder sofort verzehrbare Speisen im Sinne des § 4 Abs.3 der Abfallwirtschaftssatzung. Er kann auch die Teilnahme an einem für das Fest allgemein eingeführten Reinigungs- und Pfandsystem vorschreiben. Diese Pflichten gelten auch für Gemeingebraucher.

§ 7 BRN Kuratorium

(1) Der Stadtbezirksbeirat beruft zu seiner Beratung mit der Mehrheit von jeweils zwei Dritteln seiner Mitglieder die Mitglieder eines Kuratoriums, das aus mindestens 7 und höchstens 15 Personen besteht. Die Mitglieder sollen als Inselverantwortliche, Anwohnerinnen oder Anwohner, Kulturschaffende oder Gewerbetreibende über langjährige praktische Erfahrungen mit Angeboten auf der BRN verfügen. Das Kuratorium wählt aus seiner Mitte zwei Sprechende.

(2) Das Kuratorium ist zu allen Fragen der Durchführung einer BRN zu hören. Es kann Stellungnahmen an den Stadtbezirksbeirat, den Stadtrat oder den Oberbürgermeister abgeben. Die Tätigkeit ist ehrenamtlich und erfolgt ohne Aufwandsentschädigung.

Begründung

zu § 1 Zweck der Satzung

Die Vorschrift bestimmt den Zweck der Satzung, nämlich die Gewährleistung der BRN als “kulturgeprägtes, kommunikatives und nicht kommerzielles Stadtteilfest der Anwohnerinnen und Anwohner, der Gewerbetreibenden im Festgebiet sowie ihrer Gäste”. Dieser Zweck dient als Auslegungsleitlinie für die Stadt, den Stadtbezirksbeirat Neustadt und das BRN – Kuratorium. Als Fest der Anwohnerinnen und Anwohner und ihrer Gäste enthält sie eine Absage an ein stadtweites oder gar ein über Dresden hinausgehendes Event. Die Darbietungen, Angebote und Veranstaltungen sollen kulturellen und kommunikativen Charakter haben.

Kommerzielle Angebote sollen untergeordnet bleiben. Angebote, die auf einen möglichst hohen Umsatz zielen, sollen zurückgedrängt und mit einer am wirtschaftlichen Interesse des Sondernutzungsberechtigten orientierten Sondernutzungsgebühr belegt werden. Die eingenommenen Gebühren sollen für Allgemeinwohlzwecke auf der BRN ausgegeben werden. Damit soll der Weg der letzten Jahre bestätigt, fortgesetzt und verstärkt werden.

zu § 2 Zeitlicher und örtlicher Geltungsbereich

Die Vorschrift legt den zeitlichen und örtlichen Rahmen der BRN wie bisher fest. Die Livemusik-Bühne im Alaunpark wird ausdrücklich erwähnt und damit gesichert. Anders als bisher sollen nach Abs.4 Veranstaltungen der BRN außerhalb der Gebiets nach Abs.2 nicht generell ausgeschlossen werden. Der Oberbürgermeister und der Stadtbezirksbeirat Neustadt können nach Anhörung des Kuratoriums im Einzelfall im gegenseitigen Einvernehmen weitere zulassen. Einvernehmen bedeutet, dass Oberbürgermeister und Stadtbezirksbeirat zustimmen müssen.

zu § § 3 Rahmenbedingungen für die Vergabe von Sondernutzungs- und Markrechten

Die Vorschrift regelt als gegenüber der Straßensondernutzungssatzung speziellere und vorrangige Vorschriften für die BRN. Gemäß Abs.1 sind alle sonst bestehenden Nutzungsrechte aufgehoben. Dies gilt insbesondere für sonst geltende Verkaufsanlagen, Bestuhlungs- oder Ausschankrechte im öffentlichen Straßenraum. Die Aufhebung ist erforderlich, um spezielle Regelungen für die besonderen Bedingungen der BRN zu schaffen und die Verwaltungsarbeit in Interesse einer schnellen Bescheidung zu erleichtern.

Gemäß Abs. 2 können alle Nutzungen nur im Rahmen eines Sicherheitskonzepts stattfinden. Der Oberbürgermeister wird verpflichtet, das jeweilige Sicherheitskonzept für die BRN im Folgejahr bis zum 15. Januar im Amtsblatt zu veröffentlichen, soweit sie die Nutzung des öffentlichen Straßenraums betrifft. Da die BRN im Juni stattfindet und die Verwaltung über langjährige Erfahrungen verfügt, ist es dem Oberbürgermeister zuzumuten, den Verlauf bis November auszuwerten und eventuell erforderliche neue Regelungen einzuarbeiten. Damit soll vermieden werden, dass noch kurz vor der BRN Anträge zurückgewiesen oder zurückgestellt werden, weil sie mit einem “Sicherheitskonzept” nicht übereinstimmten, das noch nicht einmal veröffentlicht ist.

Abs.3 verpflichtet den Oberbürgermeister in allgemeiner Art, die Bildung von “Inseln” zu fördern und die “Inselverantwortlichen” zu unterstützen. Die Satzung bringt damit zum Ausdruck, dass sie die Bildung von Inseln für das geeignete Mittel hält, die Ziele nach § 1 umzusetzen.

Eine “Insel” kann aber muss nicht durch die allgemeine Zonierung mit bestimmten Anforderungen an die Nutzung nach § 4 festgelegt werden. Eine “Insel” kann auch durch die Anmeldung eines Straßenabschnitts durch einen Inselverantwortlichen mit einem bestimmten Konzept entstehen. Der Inselverantwortliche soll idealerweise die Darbietungen und Angebote der Anwohnerinnen und Anwohner und Gewerbetreibenden auf freiwilliger Basis koordinieren und in ein geeignetes Gesamtkonzept der Insel einbinden. Zur Gewährleistung des Zwecks der BRN nach § 1 kann die Stadt mit Zustimmung des Inselverantwortlichen Rahmenbedingungen vorgeben.

zu § 4 Zonen im Festgelände

Die Vorschrift erlaubt dem Oberbürgermeister in Abs.1 im Einvernehmen mit dem Stadtbezirksbeirat (Zustimmung beider), im Festgebiet bestimmte Zonen festzulegen, in denen nur Angebote, Darbietungen und Veranstaltungen eines bestimmten Charakters zulässig sind. Die Festlegung insbesondere von Zonen der Kategorien 1 und 2 dient dem Schutz und der Ermöglichung nicht kommerzieller sowie kultureller und kommunikativer Darbietungen. Zugleich kann durch geeignete Zonierungen der Charakter des Festes in bestimmten Abschnitten insgesamt gesteuert werden. Das Recht zur Zonierung ersetzt funktional die Koordinierungsfunktion des fehlenden “Gesamtveranstalters”. Das BRN-Kuratorium ist zwingend zuvor zu hören.

Abs.2 legt fünf mögliche Kategorien anhand der Kriterien “kulturell” und “kommunikativ”, “kommerziell” und “Größe der baulichen Anlagen” und Aufbauten fest. “Stätte der Leistung” ist ein im Festgebiet am öffentlichen Straßenraum anliegendes Ladengeschäft. Der betriebsführende Gewerbetreibende soll seine Leistungen im Bereich der Breite seines Ladengeschäfts auch im öffentlichen Straßenraum anbieten können, wenn nicht eine bestimmte andere Zonierung seine Leistung an dieser Stelle ausschließt. Im Falle des Ausschlusses soll er an anderer Stelle berücksichtigt werden. Es bietet sich an, bestimmte Zonen für solche Fälle festzusetzen.

Abs.3 erlaubt nähere Regelungen für festgelegte Zonen bezüglich der Art, den Ort, die Dauer und die Lautstärke einer Darbietung. Laute Boxen sollen etwa so gestellt werden, dass sie sich nicht wechselseitig oder leise Darbietungen stören.

Abs.4 verpflichtet den Oberbürgermeister, eine Zonierung bis zum 31. Januar des jeweiligen Festjahres im Amtsblatt zu veröffentlichen. Dieser frühe Zeitpunkt ist erforderlich, damit sich alle Beteiligten auf die Regelungen mach Abs.3 rechtzeitig einstellen können. Insbesondere die Inselverantwortlichen brauchen diese Handlungssicherheit.

zu § 5 Gemeingebrauch, Erlaubnisvorbehalt und Gebührenerhebung

Nach Abs.1 Satz 1 sind Darbietungen der Kategorien 1 und 2 Gemeingebrauch. Dies folgt aus dem Zweck der Satzung nach § 1. Rechtsfolge ist die Erlaubnis- und Gebührenfreiheit dieser Darbietungen. Damit soll der Charakter der BRN als nichtkommerzielles, kultur- und kommunikationsgeprägtes Fest der Anwohnerinnen und Anwohner wiederhergestellt und gestärkt werden.

Abs. 1 Satz 2 regelt, dass die Nutzungen der Kategorien 3 bis 5 erlaubnis- und gebührenpflichtige Sondernutzungen sind. Denn diese Nutzungen sind mit baulichen Anlagen und Aufbauten im öffentlichen Straßenraum verbunden und typischerweise auf Umsatzgeschäfte angelegt.

Abs.2 regelt den Grundsatz, dass die Höhe der jeweiligen Sondernutzungsgebühr nicht nur das Ausmaß der Inanspruchnahme des öffentlichen Raums, sondern insbesondere auch “das wirtschaftliche Interesse des Sondernutzungsberechtigten berücksichtigen”. Dazu ermächtigt § 21 Abs.1 Satz 2 Sächsisches Straßengesetz ausdrücklich. Nach der allgemein geltenden Straßensondernutzungssatzung ist etwa für einen Bierwagen für einen Tag eine Sondernutzungsgebühr je Quadratmeter ein Betrag von 2,50 € zu – eine angesichts der erzielbaren Umsätze grotesk niedrige Summe. Die eingenommenen Mittel sollen für der Allgemeinheit dienende Angebote wie etwa Toiletten, Reinigung, Umzüge und Auszeichnungen oder ein allgemeines Pfandsystem verwendet werden.

Abs.3 ermöglicht der Stadt, Sondernutzungsgebühren herabzusetzen, wenn die Einnahmen nachweislich der Querfinanzierung kultureller und kommunikativer Angebote dienen. So soll ein Anreiz geschaffen werden, dass sich kommerzielle und mit Sondernutzungsgebühren belegte Angebote und Darbietungen in einer “Insel” einordnen. Das nähere hat die Gebührentabelle zu regeln.

zu § 6 Verwendung wieder verwendbarer oder kompostierbarer Geschirre und Bestecke

Die Vorschrift übernimmt die Regelung des § 4 Abs. 3 der Abfallwirtschaftssatzung, nach der der Oberbürgermeister den Sondernutzungsinhabern die Verwendung “wieder verwendbarer oder kompostierbarer Geschirre und Bestecke für Getränke oder sofort verzehrbare Speisen” vorschreiben kann. Offenbar hat die Landeshauptstadt diese Regelung bisher nicht angewendet; diese Vorschrift verpflichtet sie dazu. Weiterhin kann die Stadt “die Teilnahme an einem allgemein eingeführten Reinigungs- und Pfandsystem vorschreiben.” Diese Pflichten und Rechte der Stadt gelten auch gegenüber den Gemeingebrauchern, die keine Sondernutzungserlaubnis benötigen.

zu § 7 BRN Kuratorium

Der Stadtbezirksbeirat hat mit jeweils einer Mehrheit von zwei Dritteln die Mitglieder des BRN-Kuratoriums zu berufen. Das Kuratorium berät den Stadtbezirksbeirat und die Landeshauptstadt in allen Fragen der BRN und ist zu bestimmten Themen, wie dem Zonierungsplan, zwingend zu hören. Es soll den Sachverstand der Engagierten aus dem Stadtbezirk bündeln und eine Stimme geben. Die Tätigkeit erfolgt ehrenamtlich und ohne Aufwandsentschädigung.

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