Endlich Bewegung für das Putzigelände!

Jetzt Planungen für Wohnungsbau, Kleinpark und Kreativnutzungen möglich

Am 10. März hat die Eigentümerin des Putzigeländes, die Firma Argenta aus München, eine Ideenskizze vorgestellt, nach 30 Jahren das erste Signal an der Entwicklung des Areals östlich der Königsbrücker Straße mitarbeiten zu wollen. Die Besetzung der “Tiere” Anfang 2020 und ihre Forderung nach einer Nutzungsvereinbarung hatte stadtweit auf den Verfall der denkmalgeschützten Villen aus dem 19. Jahrhundert aufmerksam gemacht.

Doch die Bemühungen um die Revitalisierung des Geländes sind viel älter.

1. Vom Erneuerungskonzept zum Flächennutzungsplan       

Auf dem Luftbild ist das Siedlungsloch in der Südwestecke der Äußeren Neustadt in der Nähe des Albertplatzes gut zu erkennen. Das Betriebsgelände umfasst die Produktionsgebäude im Norden und Osten, eine ungenutzte versiegelte Fläche sowie drei Villen direkt an der Königsbrücker Straße, die seit der Wende verfallen. Schon das Erneuerungskonzept von 2009 sah folgende Entwicklungsziele vor:

Erhalt bzw. Ergänzung der offenen Bebauungsstruktur des Neustädter Grünrings“, “Bestandserhalt des Gewerbes (Dental-Kosmetik), bei Bedarf angemessene Neuordnung innerhalb des vorhandenen Areals“, “Verbesserung der immissionsschutzrechtlichen Situation“, “Keine Erweiterung der Betriebseinrichtungen von Dental-Kosmetik im Innenbereich des Quartiers.”

2011 forderte der Ortsbeirat Neustadt die Stadtverwaltung auf, entsprechende Planungen vorzulegen. Der aktuelle Flächennutzungsplan nennt “als Entwicklungsziele die Stadtreparatur und ressourchenschonende Brachflächenentwicklung, die Stärkung innerstädtischer Wohnstandorte, die Entwicklung zum klimagerechten Stadtteil und die Schaffung und Gestaltung eines stadtteilübergreifenden Freiraumsystems“.

Passiert ist aber seit 30 Jahren: nichts!

2. Der Grüne Antrag von 2019 im Stadtbezirksbeirat und Bauausschuss

Angesichts des wachsenden Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum reichte daher die Grüne Stadtratsfraktion im Mai 2019 einen von mir entworfenen Antrag auf Aufstellung eines Bebauuungsplans für “mehrgeschossigen Mietwohnungsbau” auf dem Gelände ein. Zur Begründung führte ich aus:

Aus Sicht der Stadtentwicklung handelt es sich um eine mindergenutzte Fläche in einem innenstädtischen Bereich, für den nach dem Grundsatz der Innen- vor Außenentwicklung städtischer mehrgeschossiger Wohnungsbau mit ergänzenden Nutzungen samt Herstellung ausreichenden öffentlichen Grüns prägend sein sollte.”

Zudem verwies ich auf das Kommunale Baulandmodell, nach dem Wohnungsbau-Investoren zu 30% Sozialwohnungen errichten müssen. Im Januar 2020 stimmte der nun direkt gewählte Stadtbezirksbeirat Neustadt dem Antrag mit folgender Ergänzung mit großer Mehrheit zu:

In den Bebauungsplänen sollen Gemeinbedarfsflächen, die zur kreativ-kulturellen Nutzung geeignet sind, eingeordnet werden. Zur Nutzung und Ausgestaltung der Gemeinbedarfsflächen ist ein Bürgerbeteiligungsverfahren durchzuführen. Darüber hinaus sind im Vorgriff auf die in Erarbeitung befindliche Begrünungssatzung hochwertige klimatisch wirksame Grünflächen mit Großgrün einzuordnen.

Dennoch erhielt der Antrag im Bauausschuss der Landeshauptstadt nur die fünf Stimmen von Grünen und SPD, weil sich die Linke enthielt und die politische Rechte aus CDU, AfD, FDP und FW dagegen stimmte. Für jene war es immer noch undenkbar, eine Planung im öffentlichen Interesse ohne den Eigentümer voranzutreiben. Wir haben daraufhin die letzte Entscheidung in den Stadtrat gehoben, dort aber bisher immer vertagt. Ich hatte mich mit dem neuen baupolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Mario Schmidt, verständigt, zunächst die Argenta in den Bauausschuss einzuladen und nach ihren Entwicklungsabsichten zu befragen.

3. Die Ideen der Argenta

Die sehr ermutigenden Vorstellungen der Argenta könnten nun den Durchbruch für die einvernehmliche Entwicklung des Putzigeländes bedeuten! Der Eigentümer ist bereit, die im Südosten liegende eingeschossige Produktionshalle abzureissen und im Norden westlich des hohen Gebäudes neu zu errichten. Mit der Verschwenkung des Produktionsgebäudes nach Norden würde an der Katharinenstraße ein kompaktes Firmengelände mit den zwei Altbäumen im Innenhof entstehen.

Im südlichen Teil würde so Platz für den Bau von weit über 100 Wohnungen entstehen. Die Villen an der Königsbrücker sollen saniert und durch ein Gebäude in gleicher Kubatur in Richtung der ehemaligen Ortsamtsvilla (jetzt Jugendamt) ergänzt werden. Die Ideenskizze sieht jetzt schon aus Lärmschutzgründen einen breiteren Grünstreifen östlich der Villen vor.

4. Beurteilung

Die Wohnbebauuung erscheint nach der Ideenskizze noch zu dicht. Die Planungen sollten wie vom Grünen-Antrag vorgesehen, die Grünfläche östlich der alten Ortsamtsvilla entlang des Durchgangs zur Alaunstraße einbeziehen. Ihre Bebauung ist für eine städtebauliche Fassung erforderlich und könnte das neue Quartier zusätzlich abschirmen. Ein “klimaverträgliches” Quartier sollte auf Null Treibhausgasemissionen im Bau und Betrieb setzen.

Am östlichen Rand sind anstelle des Produktionsgebäudes 5-bis 6-geschossige Wohnbauten möglich. Davon ausgehend sind weitere Wohnblöcke in Richtung Westen zu entwickeln. Die erhaltenswerten zwei großen Platanen könnten zum Mittelpunkt eines quartiersbezogenen Kleinparks mit weiteren Bäumen, Spielplatz und Stadtgarten aufgewertet werden, der vom Durchgang zur Alaunstraße und der Königsbrücker aus öffentlich zugänglich sein sollte.

In den sanierten Villen an der Königsbrücker dürfte angesichts der Lärmbelastung an der Königsbrücker nur nicht störende gewerbliche oder eine Büronutzung zulässig sein. In den zwei leer stehenden zweigeschossigen Häuser an der Katharinenstraße aus dem 19. Jahrhundert könnten gegenüber dem beschlossenen Kreativzentrum Alte Feuerwache die vom Stadtbezirksbeirat geforderten “Gemeinbedarfsflächen für kreativ-kulturelle Nutzungen” untergebracht werden. Der Eigentümer sollte diese Ideen als Chance für die Quartiersentwicklung im lebendigsten Stadtteil Dresdens begreifen.

5. Ausblick

Den Besetzer:innen ist ausdrücklich zu danken, dass ihr Einsatz letztlich die dreißigjährige Entwicklungsblockade gelöst hat. Jetzt gilt es im Stadtrat schnell einen überarbeiteten Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zu beschließen. Dies kann im Einvernehmen mit dem Eigentümer geschehen. Die Neustädter:innen sollten in einem Beteiligungsprozess ihre Ideen konkretisieren, dem Stadtbezirksbeirat vorstellen und in den Planungsprozess einbringen.

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